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Lic.phil. André Dietziker Fachpsychologe für Psychotherapie FSP Eidg. anerkannter Psychotherapeut
Die grosse Liebe
Montag 4. August 2008 NEUE LUZERNER ZEITUNG Die relativ grosse Liebe Wir alle jagen sie: Die Schmetterlinge im Bauch. Unsere Generation hat es geschafft, sogar aus dem Verliebtsein einen Leistungssport zu machen. Caroline Fux im Gespräch mit dem Paartherapeuten André Dietziker Dein Velo hatte einen Platten. Dein Chef war anstrengend und dein Mitbewohner hat das letzte Joghurt geklaut. Alle Vorzeichen standen auf «Ein Tag aus der Hölle». Aber dich kann nichts runterziehen. Du bist unverwundbar. Du bist glücklich. Du bist komplett. Du bist verliebt. Früher war verknallt sein ein Hochgefühl, auf das vor allem Teenager hoffen durften. Heute, in der Zeit der Lebensab- schnittspartner, kennt der Wunsch nach dem Liebesrausch kein Verfalldatum mehr. Eine Generation serieller Monogamisten hangelt sich von fester Beziehung zu fester Beziehung und macht immer wieder einen gefühlten Anspruch auf den Aufenthalt auf Wolke Sieben geltend. In jeder neuen Beziehung stellt sich irgendwann die gleiche Frage: Bin ich verliebt genug, um weiter zu machen oder finde ich etwas besseres? Ein verklärtes Ideal vor Augen «Die Werte der Leistungsgesellschaft haben das Liebesleben erreicht», sagt André Dietziker, Paartherapeut. «Beziehungen werden heute an einem völlig verklärten Ideal gemessen, das uns von den People-Magazinen präsentiert wird», sagt der Therapeut. Ein Aspekt dieses Bildes ist eine immer währende, unangestrengte Verliebtheit, die ein Paar für alle Zeit in Glückseligkeit schwimmen lässt. Von einem steten Optimierungsbedürfnis angetrieben, hüpfen wir von Liaison zu Liaison, sobald unsere Leidenschaft nicht mehr ganz so flammend ist. Auf der Suche nach Mister oder Miss Richtig, benützen wir unsere Verliebtheit als Gradmesser für die Qualität unserer Beziehung. Und fallen dabei auf die Nase. «Verliebtsein ist etwas, das nicht ewig anhalten kann», erklärt André Dietziker. Einerseits aus physiologischen Gründen: «Körpereigene Stoffe wie Dopamin und Serotonin sorgen dafür, dass wir uns glücklich fühlen. Ist jemand verliebt, hat man besonders viel davon im Blut», sagt der Psychologe. Und diese Überproduktion kann nicht von Dauer sein. «Abgesehen davon brauchen wir ganz einfach auch Unterschiede im Erleben, damit wir ein Hochgefühl als solches erleben können.» Anders gesagt: Nur wenn wir als Vergleich auch mal ein Tief haben, können wir ein Hoch erkennen und geniessen. Dass wir der Verliebtheit nachjagen, macht bei allen Vorbehalten trotzdem Sinn: «Unser Bauchgefühl ist ein guter Indikator dafür, ob jemand zu uns passt und wir uns auf eine Beziehung einlassen sollen», sagt André Dietziker. «Über die Kompatibilität zweier Menschen entscheiden viele unbewusste Prozesse», so der Psychologe. Und da könne Verliebtheit als Orientierung die- nen. Verliebt, versichert Ausserdem ist ein vergangener Gefühlsrausch eine Art Versicherung für harte Zeiten: «Wenn Paare auf intensive Zeiten der Verliebtheit zurückblicken können, hilft das bei späteren Konflikten», beschreibt Dietziker seine Erfahrung aus dem Therapie- alltag. «Das Wissen, dass dieses Gefühl einmal da war, macht es leichter, es wiederzufinden.» Ferien vor der Realität verlängern Hinter dem Bedürfnis nach Verliebtheit steht oft konkret der Wunsch nach Energiegeladenheit, romantischer Verklärtheit und vor allem auch nach erotischer Anziehung. All das bekommen Verliebte nämlich gratis und à discretion. Wie lange das wohlige Glücksgefühl andauert, ist extrem verschieden. Bei den einen sind es ein paar Wochen, bei anderen mehrere Monate. Die grosse Gemeinsamkeit: Der Rausch endet irgendwann. Und ebbt die Verliebtheit erst einmal ab, kehrt der Realismus ein: «Was wir zuerst als liebevolle Eigenheit eines Partners erlebt haben, kann dann als nervender Persönlichkeits- Mangel erscheinen», so André Dietziker. Kein Wunder also, dass wir uns vor diesem Realitäts-Check eigentlich lieber drücken würden. Messen klappt nicht, vergleichen schon Viele Leute fragen sich in der Kennenlern-Phase, ob sie ihr Gegenüber denn auch genug lieben, um die Beziehung weiter zu verfolgen. Und schon hat sich wieder das Leistungsdenken in einen Lebensbereich gezwängt, in den er nicht gehört. «In un- seren Köpfen geistert dieses Bild von der Liebe auf den ersten Blick rum, die von der ersten Sekunde an alles andere in den Schatten stellt», so André Dietziker. «Aber das ist Hollywood. Natürlich kann die Liebe wie ein Blitz einschlagen, aber das ist wohl eher die Ausnahme». Damit sich jemand verliebe, müssten viele Dinge stimmen: Ort, Person, Situation. Und das kann nun einmal dauern. «Dass Verliebtheit manchmal erst auf den 10. Blick entsteht, passt eben nicht so gut in die Traumfabrik», so der Therapeut. Ohne Herz, mit Problemen Auch wenn wir es uns manchmal noch so sehr wünschen: Auf die Frage, ob wir «verliebt genug» für eine Beziehung sind, gibt es keine Pauschalantwort. «Verliebtsein ist und bleibt etwas sehr Individuelles», sagt der Psychologe. «Man kann es nicht mit andern vergleichen, höchstens an der eigenen Erfahrung messen.» Arten, Verliebtheit zu erleben, gibt es so viele, wie es Men- schen gibt und nicht immer ist das Gefühl gleich stark. Fest steht aber: Wer mit dem Herzen gar nicht bei der Sache sei und seinen Partner ganz allein aufgrund rationaler Kriterien aussuche, bekomme früher oder später Probleme mit seiner Gefühls- welt, so André Dietziker. Nehmen was da so kommt Schlussendlich ist ein Kernmerkmal des Sich-Verliebens, das wir uns doch so sehr wünschen, das, was der Generation «Selbst- verwirklichung» wohl am meisten Mühe macht: Sich verlieben, das heisst: Gewissheit loslassen und ohne Gütemassstab anneh- men, was auf einen zu kommt. Diese Ungewissheit kann einen entweder zur Verzweiflung bringen. Oder man akzeptiert sie. Und dann ist sie irgendwie befrei- end.
Das muss sein – das geht gar nicht «Man kann sich immer wieder neu in seinen Partner verlieben», sagt André Dietziker. «Aber: Das gibt es nicht gratis.» Folgende Dinge kann man für seine Beziehung tun: Zeichen der Wertschätzung: Ein Geheimnis der Verliebten? Sie werben stets um ihren Partner. Wer weiter kleine Signale der Zuneigung, zum Bei- spiel Komplimente oder ein überraschendes SMS, gibt, erhält die Verliebt- heit am Leben. Zusammen Spass haben: Gemeinsam schöne Dinge erleben und eine gute Zeit haben – Das mag banal klingen, aber den anderen Lachen zu sehen, ist eine perfekte Basis, um sich wieder neu zu verlieben. «Fehlerfreundlich» sein: Niemand ist perfekt. Wer in einer Partnerschaft lebt, in der man auch mal unvollkommen sein darf und das auch beim ande- ren akzeptiert, liebt auf die Dauer leichter. Paarzeiten einplanen: Wer durch Job oder Kinder nicht viel gemeinsamen Freiraum hat, sollte diesen bewusst einplanen. «Mit Zeit, Datum und allem was dazu gehört», schlägt der Therapeut vor. Sonst geht die traute Zweisam- keit unter. Keine Überdosis: Bei aller Liebe sollte man die eigenen Interessen und den Freundeskreis trotzdem nicht aufgeben. Aus Einzelaktivitäten kann man viel positiven Input in die Beziehung bringen.
Das sind Liebeskiller Nörgeln: Wer ständig am anderen rummä- kelt, vergiftet die Grundatmosphäre in einer Beziehung. Wenn kein liebevoller Grundton herrscht, kann auch kein Komp- liment angenommen werden. Kritik an der Person: Die Persönlichkeit eines Partners zu kritisieren, ist unfair. Aussagen die mit «Du bist ...» anfangen, lassen kaum Handlungsspielraum zu. Vorwürfe: Mit Vorwürfen kann ein Partner oft nur wenig anfangen. Wer sich dagegen konkret ein anderes Verhalten wünscht, liefert gleich selber einen konstruktiven Vorschlag für Verbesserung.cab
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