Humor und Gelassenheit
vom 5. November 2015
SchuleVilligen.ch
Humor und Gelassenheit in der Erziehung
Ein erfolgreicher Forumsabend für all jene, die nicht wollen, dass ihnen das Lachen langsam vergeht.
Familientherapeut André Dietziker vermittelte an einem lehrreichen Vortrag der Schule Villigen hilfreiche
Tipps für den Erziehungsalltag.
von Rebecca Jacquat-Borner
Jemand zerreisst ein Blatt Papier und das Kleinkind lacht glucksend – im Video wiederholt sich diese Szene einige
Male und das Kind lacht immer lauter und prustender. Die anwesenden Erwachsenen im Saal konnten sich ein
Schmunzeln oder auch ein Lachen kaum verkneifen. Mit dieser Videosequenz startete lic. phil. André Dietziker,
Familien- und Humortherapeut, seinen Vortrag zum Thema „Humor und Gelassenheit im Erziehungsalltag“. Rund
40 Personen folgten der Einladung der Kommission „Gesunde Schule Villigen“ und nahmen am 7. März am
Forumsabend teil.
Schwierige Situationen gelassen meistern
Gelassenheit ist die Fähigkeit, in schwierigen Situationen die Fassung zu
bewahren. Im Erziehungsalltag ist das gar nicht immer so einfach. Der
Stressmechanismus im Menschen ist grundsätzlich eine lebenserhaltende
Massnahme unseres Körpers. Anschaulich stellte der Referent dar, wie ein
Stress-kreislauf entsteht. Bei akuter Gefahr reagiert der menschliche Organis-
mus nämlich auch heute noch auf dieselbe Art wie vor Tausenden von Jahren:
Angst setzt die Energie im Körper frei, welche entweder zum Kampf oder zur
Flucht benötigt wird. Diese Angst ist mit Emotionen verbunden, welche uns
überflu-ten und schwer zu kontrollieren sind. Dasselbe Muster kommt bei
Stress zum Tragen, obwohl hier keine reale Bedrohung oder Gefahr drohen.
Lage bewerten und entsprechend handeln
Der Gedanke an eine Stressreaktion setzt ein Gefühl von Angst, Ärger oder
Trauer frei, welches zu einer Körperreaktion und einem Handlungsdrang
führen. Dieses sogenannte „Alarmsystem“ wird in verschiedenen Situationen
automatisch eingeschaltet; sei dies wenn die Kinder streiten, ungeduldig sind,
überflüssige Fragen stellen, etwas extra kaputt machen oder ständig NEIN
sagen. Bevor wir als Eltern oder Lehrpersonen handeln, sollten wir die
Bewertung überprüfen und die Handlung entsprechend anpassen. Ist die
aktuelle Situation Realität oder stresst mich etwas, dass möglicherweise erst
später geschieht? Bedroht mich die Situation existentiell? Will ich mit meiner Handlung mein Kind gar provozieren?
Verliere ich durch meine Handlung die Autorität? Vielleicht kann man gelassener reagieren, wenn man sich
darüber Gedanken macht, ob das momentan trotzige Verhalten des Kindes den Tagesablauf ernsthaft gefährden
wird.
Lachen bietet die Chance der Leichtigkeit
Nach demselben Muster wie Angst bewirken auch Lachen, Humor und Freude Emotionen und wirken stress-
lösend. Lachen ist deshalb auch eine Geheimwaffe für Eltern; es hilft gegen Stress, fördert Kreativität und setzt
Endorphine frei. Humor dient der kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung des Kindes. André Dietziker
zeigte humorvoll auf, wie Sprachkomik, Situationskomik, Handlungskomik und Charakterkomik in den Erziehungs-
alltag eingebaut werden können. Das Humorverständnis variiert je nach Kindesalter. Der Referent nannte ver-
schiedene Beispiele: kreativ das Unerwartete tun, die Situation spiegeln oder parodieren, eine clowneske Mimik
anwenden oder auch mal nur zweisilbige Antworten geben (jaja, aha, soso, jänu …) wenn die Zeit mal knapp ist.
Wer im Erziehungsalltag ein humorvolles Wort oder eine lustige Geste nutzen kann, hat die Situation meist rasch
wieder im Griff. Bedingung für eine humorvolle Reaktion ist aber die Gelassenheit. Und so wies der Referent
darauf hin, dass der Kurs eigentlich „Gelassenheit und Humor im Erziehungsalltag“ heissen sollte.
Erziehung basiert auf Beziehung
Die Beziehung zu den Kindern ist das Wichtigste. Leistungsdruck macht Stress und dieser frisst die Beziehung auf.
Gemeinsam zu lachen löst den Stress und fördert die Beziehung. Mit diesen Worten verabschiedete sich André
Dietziker von den Teilnehmenden. Dem Referenten gelang es, auf witzige Art darzustellen, wie fehlende
Gelassenheit und hohe Erwartungen uns Eltern die Lockerheit rauben. Anhand konkreter Beispiele konnten die
Eltern erfahren, dass man sich verblüffend anders verhalten kann. Es fühlt sich bestimmt leichter an, dem alltäg-
lichen Druck mit Humor und Heiterkeit zu begegnen... Der erfolgreiche Forumsabend endete mit einem gemütli-
chen Apéro der Kommission Gesunde Schule Villigen und mit angeregten und humorvollen Gesprächen. Herzl-
ichen Dank allen interessierten Teilnehmern des Forumsabends.
Locker Mami !
“Ich war eine Teilnehmerin an Ihrem Workshop. Ich fand Sie einfach toll!
Obwohl mein gestriger Morgen wie auch der Nachmittag alles andere als
reibungslos lief und es in Strömen regnete, war ich nach Ihrem Workshop
ziemlich gelassen. Mein Handy hatte keinen Akku mehr und ich sollte nach
Zürich an eine Besprechung. Den Wegbeschrieb hab ich nicht ausgedruckt, da
ich ja mein Handy dabei habe....so etwa in diese Richtung. Am Abend zu Hause
habe ich dann meine Kinder befragt. Ich habe ihnen vom Kurs erzählt und sie
gefragt, ob sie es mit mir lustig finden und ob ich oft gestresst bin usw.
Das Feedback war sehr ehrlich, ausführlich und erschütternd. Ich habe mir
ganz fest vorgenommen, mehr Humor und mehr Gelassenheit in den Alltag zu
bringen. Meine Jüngste hat nun ein Codewort, falls ich mal wieder gestresst
sein sollte...."locker Mami", dänk an Kurs..
Vielen Dank für Ihre Inputs.”
Ein Plädoyer für Gelassenheit und Fehlerfreundlichkeit
Auf Einladung des Elternforums der Schule Weggis gestaltete André Dietziker, Fachpsychologe für Psycho-
therapie, am Montagabend vergangener Woche in der Aula des Schulhauses Dörfli einen interessanten Workshop
zum Thema „Humor und Gelassenheit im Erziehungsalltag“.
Wie können wir als Erziehende ruhig bleiben in schwierigen Situationen? Wie lassen sich Eskalationen verhindern? Zu diesen
Fragen wusste André Dietziker kompetent zu berichten und illustrierte die theoretischen Erkenntnisse mit vielen – natürlich
auch amüsanten und humorvollen – Beispielen aus dem Alltag. Das Wichtigste dabei sei, so sagte er, die Gelassenheit. Erst
wenn die Fähigkeit vorhanden sei, auch in schwierigen Situationen die Fassung zu bewahren, sei es überhaupt möglich, eine
solche Situation mit Humor aufzulösen.
Der Schlüssel zu mehr Gelassenheit
Deshalb gelte es, zuerst einmal den so genannten
Stressmechanismus unter die Lupe zu nehmen. Weshalb kommen
wir zu einem beschleunigten Puls, zu schnellerer Atmung, zum
Kribbeln, Schwitzen oder zu erhöhter Muskelspannung? „Die
Differenz zwischen unseren Idealen und der Realität kann zu
Verunsicherung, Stress und Überreaktionen führen“, erklärte
André Dietziker. So sei es hilfreich, die Ausgangslage, die zu
einer schwierigen Situation führe, neu zu bewerten. Was heisst
das? Dazu der Referent: „Prüfen Sie, ob die Situation überhaupt
Wirklichkeit ist, ob sie lebensgefährlich ist, ob es sicher ist, dass
es so herauskommt, wie Sie befürchten?“ Und weiter: „Der
Schlüssel zu mehr Gelassenheit ist die Veränderung der
Bewertung.“
Plädoyer für mehr Fehlerfreundlichkeit
„Ich postuliere auch ganz klar die Fehlerfreundlichkeit“, sagte André Dietziker. „Man darf doch Fehler machen dürfen. Und
Fehler heissen ja Fehler, weil etwas fehlt, nicht, dass etwas falsch ist. Leben Sie diese Fehlerfreundlichkeit vor. An unfehlbaren
Eltern kann man nicht wachsen, sondern nur verzweifeln!“
Techniken
Schliesslich wurde der Referent konkret, indem er verschiedene Techniken aufzeigte, wie Humor im Alltag eine Situation
entschärfen kann. Verblüffen, überraschen, absurd reagieren, übertreiben und verdrehen, eine clowneske Mimik und Gestik,
spiegeln, parodieren, kopieren oder Rollenwechsel, so lauteten dazu die Stichworte. André Dietziker führte jedoch dazu aus,
dass Humor nicht funktioniere in einer Atmosphäre von Vorwurf und Kritik, und immer sei es auch eine Gratwanderung
zwischen lachen oder auslachen: „Humor dient der kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung des Kindes, muss jedoch
sowohl dem Kind wie auch der Situation angepasst sein.“
Wochenzeitung der Gemeinden Weggis, Vitznau, Greppen und Gersau vom 27. April 2018
Das tut extrem gut !
“Ich hatte das Glück,
gestern Ihrem Vortrag über
Humor und Gelassenheit
zuhören zu können!
Für Ihren genialen Vortrag
möchte ich mich ganz
herzlich bedanken. Ich habe
es schon lange nicht mehr
erlebt, auf so humorvolle
und ansprechende Art einem
Vortrag zuzuhören!
Gespiegelt zu bekommen, dass
alles gut ist und vorbei
geht und dass man mit den
Themen nicht allein ist, tut
extrem gut!
Nun freue ich mich darauf,
den einen oder anderen
Ansatz in meinem
Familienalltag
auszuprobieren oder
vielleicht sogar zu
integrieren.”